Was wäre wenn ... ???

Nehmen wir mal an, dass die Frauen „am ersten Tag der Woche“ am Grab gewesen seien und dass „mia twn sabbatwn“ („[Tag] eins der Sabbate“) im griechischen Grundtext mit „am ersten Tag der Woche“ oder mit „Sonntag“ zu übersetzen wäre, was dann ?

 

Folgende Punkte müssen dann vorausgesetzt werden:

 

-        die Frauen waren vor oder bei Sonnenaufgang am Grab,

-        Jesus muss davor auferstanden sein, denn das Grab war bereits leer,

-        die Wachen lagen da, wie tot und ein Engel verkündete den Frauen, dass Jesus auferstanden sei, so wie ER es selbst gesagt hatte,

-        die Auferstehung an einem Montag (am 2. Tag der Woche) ist ausgeschlossen


Wir wissen damit noch nicht:

 

-        Wann wurde Jesus gekreuzigt ?

-        Wann ist Jesus von den Toten auferstanden ?

 

Wir müssen dies aus dem Kontext der Bibel ermitteln, wie es sich im Einzelnen verhalten hat.

Rechnet man von einem Sonntag zurück, dann gibt es 3 Theorien für den Kreuzigungstermin:

 

1.       Kreuzigung an einem Freitag

2.       Kreuzigung an einem Donnerstag

3.       Kreuzigung an einem Mittwoch

 

Für alle 3 Theorien gibt es Verfechter. Jede dieser Theorien muss sich aber anhand der folgenden
8 Kriterien an der Bibel messen lassen:

 

1.      Die Kreuzigung war „am Rüsttag des Passahs“ (Joh 19,14)

2.      Die Grablegung war am gleichen Rüsttag:
„Weil es Rüsttag war - jener Sabbat war nämlich ein hoher Festtag“ (Joh 19,31)

3.      Frauen kauften die Spezereien „als der Sabbat vorüber war“ (Mk 16,1)

4.      Die Frauen bereiteten die Spezereien zu, den Sabbat ruhten sie nach dem Gesetz (Lk 23,56)

5.      Die Auferstehung war am Tag der Webegarbe: Jesus = „Erstling aus den Toten“ (1. Kor 15,20)

6.      Die Auferstehung war „nach 3 Tagen“ (Mk 8,31)

7.      Die Auferstehung war „am 3. Tag“ (Lk 9,22)

8.      Jesus war „3 Tage und 3 Nächte im Herzen der Erde“ (Mt 12,40)

 

Zudem muss die jeweilige Theorie auch im Hinblick auf die Frage überprüft werden, wann der Tag beginnt – am Abend oder am Morgen ?

 

 

Theorie 1: Kreuzigung an einem Freitag

 

Nach dieser Theorie wurde Jesus am Rüsttag des Passahs als Passah-Lamm, an einem (Kar-)Freitag gekreuzigt. Er starb um ca. 15h am Nachmittag und wurde am gleichen Tag vor Sonnenuntergang (Beginn des Sabbats) ins Grab gelegt. Der folgende Sabbat war sowohl ein großer als auch ein Wochensabbat. Jesus sei dann einen Teil von Freitag, die ganze Nacht auf Samstag sowie den ganzen Samstag im Grab geblieben und wäre dann in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag von den Toten auferstanden. Die Frauen seien am ersten Tag der Woche bei Sonnenaufgang zum Grab gekommen.

 

Diese Theorie ist nur einigermaßen plausibel, wenn der Tag am Abend beginnt. Nur dann zählt nämlich die Nacht von Samstag auf Sonntag bereits zum 3. (Datums-)Tag und wäre damit der „erste Tag der Woche“ (Sonntag) und gleichzeitig der Tag der Webegarbe. Nur wenn der Tag am Abend beginnt, hätte dann die Auferstehung „am 3. Tage“ (Lk 9,22) stattgefunden.

 

Würde der Tag am Morgen beginnen, dann wäre die Auferstehung in der Nacht von Samstag auf Sonntag noch am Sabbat und nicht am Tag der Webegarbe gewesen. Gerechnet ab Freitag wäre die Auferstehung damit „am 2. Tag“ und nicht „am 3. Tag“ gewesen.

 

Diese Theorie hat zudem Mühe das Zeichen des Jona (Mt 12,40) plausibel zu erklären, da Jesus dann nicht wirklich „3 Tage und 3 Nächte“, sondern nur maximal „2 Tage und 2 Nächte“ im Herzen der Erde gewesen wäre. Man argumentiert daher so, dass ein Tag immer „Nacht und Tag“ beinhalten würde und Jesus damit am Freitag (Nacht und Tag), am Samstag (Nacht und Tag) und am Sonntag (Nacht und Tag) im Herzen der Erde gewesen sei. Das funktioniert rein theoretisch auch nur dann, wenn der Tag am Abend beginnt.

 

Bei dieser Theorie wäre Jesus jedoch keinesfalls „nach 3 Tagen“ (Mk 8,31) auferstanden. „Nach 3 Tagen“ ist nur dann auch der 3. Datumstag, wenn der Tag am Morgen beginnt. Beginnt der Tag am Abend, dann ist „nach 3 Tagen“ immer schon der 4. Datumstag.

 

Bei dieser Theorie ist es auch nicht schlüssig erklärbar, wann die Frauen die Spezereien eingekauft und zubereitet haben. In Mk 16,1 steht, dass die Frauen die Spezereien eingekauft haben, nachdem der Sabbat vorüber war. In Lk 23,56 steht, dass sie die Spezereien vor dem Sabbat zubereiteten. Man kann aber nicht etwas vor dem Sabbat zubereiten, was man erst nach diesem Sabbat eingekauft hat.  

 

Theorie 2: Kreuzigung an einem Donnerstag

 

Nach dieser Theorie wurde Jesus an einem Donnerstag gekreuzigt, starb ca. um 15h am Nachmittag und wurde noch am gleichen Tag vor Sonnenuntergang (Beginn des großen Sabbats, vgl. 2.Mo 12,18) in das Grab gelegt. Jesus sei dann einen Teil von Donnerstag, die ganze Nacht auf Freitag, den ganzen Freitag, die ganze Nacht auf Samstag sowie den ganzen Samstag im Grab geblieben und wäre in der Nacht vom Samstag auf Sonntag von den Toten auferstanden. Die Frauen seien dann am ersten Tag der Woche bei Sonnenaufgang zum Grab gekommen.

 

Bei Dieser Theorie wäre Jesus nun wirklich „3 Tage und 3 Nächte im Herzen der Erde“ gewesen und wäre tatsächlich „nach 3 Tagen“ von den Toten auferstanden. Beginnt der Tag am Abend, wäre die Auferstehung jedoch erst „am 4. Tag“ gewesen. Diese Theorie ist insgesamt dann plausibel, wenn der Tag am Morgen beginnt. Dann wäre Jesus nach rabbinischer Auslegung am Tag der Webegarbe – nach dem großen Sabbat auferstanden. Beginnt der Tag am Abend, wäre Jesus „am ersten Tag der Woche“ und damit am Tag der Webegarbe nach sadduzäischer Auslegung auferstanden.

 

Bei dieser Theorie haben wir das gleiche Problem beim Einkauf und der Zubereitung der Spezereien, wie bei der Theorie 1. Auf den großen Sabbat, am Freitag, den 15. des ersten Monats (vgl. 3.Mo 23,6 in Verbindung mit Joh 19,31) folgt in diesem Fall der Wochensabbat. So hätten die Frauen auch erst nach dem Wochensabbat einkaufen können – wann hätte sie aber dann die Spezereien zubereitet ?

 

Theorie 3: Kreuzigung an einem Mittwoch

 

Nach dieser Theorie wurde Jesus an einem Mittwoch gekreuzigt, starb ca. um 15h am Nachmittag und wurde noch am gleichen Tag vor Sonnenuntergang (Beginn des großen Sabbats) ins Grab gelegt. Jesus ist dann einen Teil von Mittwoch, die ganze Nacht auf Donnerstag, den ganzen Donnerstag, die ganze Nacht auf Freitag sowie den ganzen Freitag im Grab geblieben und in der Nacht von Freitag auf Samstag von den Toten auferstanden. Die Frauen hätten den Samstag bzw. den Wochensabbat geruht und seien dann am ersten Tag der Woche zum Grab gekommen.

 

Bei Dieser Theorie ist Jesus wirklich „3 Tage und 3 Nächte im Herzen der Erde“ gewesen und tatsächlich „nach 3 Tagen“ von den Toten auferstanden. Beginnt der Tag am Abend, wäre die Auferstehung jedoch „am 4. Tag“ gewesen. Diese Theorie ist jedoch insgesamt plausibel, wenn der Tag am Morgen beginnt, dann ist Jesus auch „am 3. Tage“ auferstanden und nach rabbinischer Auslegung wäre dies der Tag der Webegarbe (nach dem großen Sabbat) gewesen.

 

Bei dieser Theorie gibt es auch kein Problem beim Einkauf und der Zubereitung der Spezereien, wie bei den Theorien 1 und 2, denn nach dem großen Sabbat (Donnerstag, der 15. des ersten Monats) folgt nach rabbinischer Auslegung unmittelbar der Tag der Webegarbe. Der Tag der Webegarbe ist kein Ruhetag (Sabbat), die Frauen konnten also die Spezereien nach dem großen Sabbat einkaufen und vor dem folgenden Wochensabbat zubereiten.

 

Diese Theorie funktioniert auch dann, wenn die Frauen schon früh am Wochensabbat vor oder bei Sonnenaufgang am Grab gewesen wären, denn das Grab war einen „Sabbatweg“ von der Stadtmauer Jerusalems entfernt und das Salben eines Leichnams war laut der Mischna 23,5 an einem Sabbat ausdrücklich erlaubt.

 

weitere Theorie:

 

Nach Auslegung der Sadduzäer wäre die Auferstehung dann allerdings nicht am Tag der Webegarbe gewesen, da sie den Tag der Webegarbe immer erst nach dem Wochensabbat – also am ersten Tag der Woche bzw. am Sonntag - halten.

 

Daher gibt es eine weitere Theorie, nämlich dass Jesus an einem Mittwoch gekreuzigt wurde und am Ende des Wochensabbats – exakt 72 Stunden nach der Grablegung – auferstanden sei. Dann wäre Jesus allerdings erst am 4. Tage auferstanden und wäre mindestens „3 Nächte und 3 Tage“ im Herzen der Erde gewesen – nicht aber „3 Tage und 3 Nächte“. Noch extremere Auslegungen zählen ohne biblische Begründung die 3 Tage und 3 Nächte erst ab dem Morgen des Donnerstags bis in die Nacht von Samstag auf Sonntag. Die Frauen seien dann am ersten Tag der Woche – nach Auffassung der Sadduzäer also am Tag der Webegarbe - zum Grab gekommen. Jesus hätte Maria verwehrt sie anzurühren, da ER noch nicht zum Vater aufgefahren sei. Dann wäre ER an diesem Sonntag als Webegarbe zum Vater in den Himmel aufgestiegen bzw. hätte ER sich als Webegarbe im Tempel dem Vater präsentiert und sei dann am Abend dieses ersten Wochentags den Jüngern erschienen, die IHN nun berühren durften.

 

 

Für diese weitere Theorie gibt es keinerlei Hinweise in der Schrift, es sind pure Annahmen und Interpretationen, um die sadduzäische Lehre vom Tag der Webegarbe am Sonntag zu rechtfertigen. Die Theorie widerspricht jedoch – wie zuvor gezeigt - entscheidenden anderen Passagen der Bibel, insbesondere hätten die Frauen bei einer Kreuzigung an einem Mittwoch am darauf folgenden Sonntag die Wachen nicht mehr antreffen können, deren Befehl bereits am Sabbat bei Sonnenaufgang endete. Diese Theorie ist daher abzulehnen.  

(Stand 01.05.2023, am 25. Tag des Omer)

 

oben: Chronologie, bei der alles passt (Frauen kommen "am [Tag] eins der Sabbate" früh am Morgen zum Grab)

oben: Chronologie, wo nicht mehr alles passt (Frauen kommen "am ersten Tag der Woche" zum Grab)